Geschwisterstreit gehört für viele Familien zum Alltag. Für Eltern kann es allerdings sehr belastend sein, wenn die eigenen Kinder ständig aneinandergeraten. Doch während Geschwisterkonflikte häufig als lästig empfunden werden, sind sie aus entwicklungspsychologischer Sicht sogar sehr wichtig. Geschwisterstreit bietet Kindern die Möglichkeit, soziale Kompetenzen, Konfliktlösungsstrategien und Empathie zu entwickeln. Trotzdem ist es für Eltern hilfreich, einen guten Umgang mit diesen Streitereien zu finden und zu wissen, wann und wie sie eingreifen sollten.
In diesem Blogbeitrag erfährst du, warum Geschwisterstreit für die Entwicklung deines Kindes wichtig ist, welche Gründe dahinterstecken, und wie du als Mama reagieren kannst, um deine Kinder bestmöglich zu unterstützen – ganz ohne dabei ständig als „Schiedsrichter“ zu agieren.
Geschwister teilen mehr als nur ihre Eltern und ihr Zuhause – sie teilen Erfahrungen, Liebe, Zeit und Ressourcen. Diese Nähe führt zwangsläufig zu Konflikten, da Kinder unterschiedliche Bedürfnisse, Persönlichkeiten und Temperamente haben. Aus der Perspektive der Entwicklungspsychologie erfüllen diese Auseinandersetzungen aber wichtige Funktionen.
Funktion von Konflikten:
In wissenschaftlichen Studien wurde gezeigt, dass Geschwisterstreit oft sogar positiv mit der Entwicklung sozialer Fähigkeiten korreliert. Kinder, die sich häufig mit ihren Geschwistern auseinandersetzen, zeigen oft eine höhere Empathiefähigkeit und Konfliktlösungskompetenz .
Obwohl Streit zwischen Geschwistern normal ist, gibt es einige typische Auslöser, die besonders häufig zu Konflikten führen:
a) Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Eltern Kinder kämpfen oft darum, wer mehr Aufmerksamkeit oder Zuneigung von Mama oder Papa bekommt. Geschwister fühlen sich leicht benachteiligt, wenn sie den Eindruck haben, dass ein anderes Kind bevorzugt wird.
b) Besitzstreitigkeiten Gerade bei jüngeren Kindern kommt es häufig zu Auseinandersetzungen darüber, wem welches Spielzeug gehört oder wer was benutzen darf. Besitzdenken ist ein normales Entwicklungsstadium, insbesondere bei Kindern zwischen zwei und fünf Jahren.
c) Unterschiedliche Bedürfnisse und Temperamente Jedes Kind hat eigene Vorlieben, Bedürfnisse und Charaktereigenschaften. Während das eine Kind Ruhe bevorzugt, ist das andere gerne aktiv und laut. Diese unterschiedlichen Temperamente können zu Spannungen führen.
d) Nachahmung und Rivalität Gerade jüngere Geschwister neigen dazu, ältere zu imitieren, was diese oft als störend empfinden. Diese Rivalität führt dazu, dass das ältere Kind die Dominanz zu verteidigen versucht, während das jüngere seinen Platz in der Geschwisterdynamik sucht.
Als Mama solltest du nicht bei jedem Streit direkt eingreifen, da Kinder oft selbst lernen, ihre Konflikte zu lösen. Es ist jedoch wichtig, dass du einen geschützten Raum bietest, in dem deine Kinder das Gefühl haben, sich frei äußern zu können, und sie gleichzeitig in ihren emotionalen Bedürfnissen unterstützt werden.
a) Nicht sofort eingreifen Beobachte zunächst, wie sich der Streit entwickelt, bevor du eingreifst. Oft finden Kinder selbst Lösungen. Wichtig ist, dass der Streit in einem sicheren Rahmen stattfindet und keine körperlichen Übergriffe stattfinden. Falls das der Fall ist, kannst du sanft eingreifen und dabei helfen, den Konflikt verbal zu lösen.
b) Als Coach agieren Anstatt die Rolle des Schiedsrichters einzunehmen, kannst du deine Kinder coachen. Stelle Fragen wie „Wie fühlst du dich gerade?“ oder „Was denkst du, wie dein Bruder/deine Schwester sich fühlt?“ So förderst du die Empathiefähigkeit deiner Kinder und hilfst ihnen, den Konflikt besser zu verstehen.
c) Keine Schuldzuweisungen Vermeide es, ein Kind als „Täter“ und das andere als „Opfer“ zu behandeln. Geschwisterstreit ist oft komplex, und beide Kinder haben in der Regel ihren Anteil daran. Indem du neutrale Fragen stellst und die Situation aus beiden Perspektiven beleuchtest, förderst du eine faire Konfliktlösung.
d) Gemeinsame Lösungen finden Fördere die Fähigkeit deiner Kinder, selbstständig Lösungen zu finden. Frage sie, wie sie den Streit beenden können oder ob es eine Möglichkeit gibt, den Konflikt zukünftig zu vermeiden. So lernen sie, Verantwortung für ihr Verhalten zu übernehmen.
Auch wenn Geschwisterstreit normal ist, gibt es Situationen, in denen du als Mama eingreifen solltest:
a) Körperliche Auseinandersetzungen Wenn der Streit eskaliert und körperlich wird, solltest du sofort eingreifen, um Verletzungen zu verhindern. Setze klare Grenzen und erkläre deinen Kindern, dass Gewalt niemals eine Lösung ist.
b) Ungesunde Machtverhältnisse Manchmal gibt es in Geschwisterbeziehungen ungleiche Machtverhältnisse, bei denen ein Kind das andere systematisch unterdrückt oder ausnutzt. In solchen Fällen solltest du das Gespräch suchen und gezielt eingreifen.
c) Anhaltender Streit ohne Lösung Wenn deine Kinder immer wieder über dieselben Dinge streiten und keine Lösung finden, kann es hilfreich sein, gemeinsam nach einer langfristigen Strategie zu suchen. Setze dich mit beiden zusammen und besprecht, wie sie besser miteinander umgehen können.
Bindungsorientierte Erziehung basiert darauf, die emotionale Verbindung zwischen Eltern und Kind zu stärken. Dieser Ansatz kann auch im Umgang mit Geschwisterstreit sehr hilfreich sein, da er den Fokus darauf legt, die Bedürfnisse und Gefühle aller Beteiligten zu berücksichtigen.
a) Bedürfnisse erkennen und benennen Anstatt den Streit einfach nur zu schlichten, solltest du die Bedürfnisse deiner Kinder erkennen und benennen. Frag dein Kind, warum es so wütend ist, und zeige Verständnis für seine Gefühle. So vermittelst du ihm, dass seine Emotionen wichtig sind, und hilfst ihm gleichzeitig, sich selbst besser zu verstehen.
b) Vorbild sein Kinder lernen viel durch Nachahmung. Zeige deinen Kindern, wie man Konflikte respektvoll löst, indem du in Konfliktsituationen mit deinem Partner oder anderen Familienmitgliedern ruhig und respektvoll bleibst.
c) Positive Geschwisterbeziehungen fördern Fördere eine positive Beziehung zwischen deinen Kindern, indem du gemeinsame Aktivitäten organisierst, bei denen sie zusammenarbeiten müssen. Dadurch stärken sie ihre Verbindung zueinander und lernen, dass sie auch als Team funktionieren können.
Studien zeigen, dass Geschwisterstreit sowohl positive als auch negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben kann. In einem stabilen und unterstützenden Umfeld können Kinder durch diese Konflikte wichtige soziale Fähigkeiten entwickeln, die ihnen später im Leben zugutekommen.
a) Soziale Kompetenz und Empathie Kinder, die lernen, mit ihren Geschwistern Konflikte zu lösen, entwickeln ein höheres Maß an sozialer Kompetenz und Empathie. Diese Fähigkeiten sind im späteren Leben, sei es in der Schule oder im Berufsleben, von unschätzbarem Wert.
b) Frustrationstoleranz und Resilienz Geschwisterstreit lehrt Kinder auch, mit Frustration umzugehen und Lösungen für Probleme zu finden. Diese Fähigkeit, Schwierigkeiten zu bewältigen, trägt zur Entwicklung von Resilienz bei.
c) Negative Auswirkungen vermeiden Wenn Geschwisterstreit jedoch häufig eskaliert und nicht angemessen begleitet wird, kann dies zu langfristigen Spannungen in der Geschwisterbeziehung führen. Kinder, die ständig das Gefühl haben, dass ihre Bedürfnisse ignoriert werden, entwickeln oft ein geringes Selbstwertgefühl oder Rivalitätsgefühle, die bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben.
Geschwisterstreit ist ein normaler und wichtiger Teil der kindlichen Entwicklung. Für dich als Mama bedeutet das, die Balance zwischen Unterstützung und Loslassen zu finden. Deine Aufgabe ist es, deinen Kindern die Werkzeuge zu geben, ihre Konflikte selbst zu lösen, während du ihnen gleichzeitig zeigst, dass ihre Bedürfnisse und Gefühle wichtig sind.
Indem du in Konfliktsituationen ruhig und unterstützend bleibst, förderst du die Entwicklung sozialer Kompetenzen, Empathie und Resilienz. Letztendlich ist Geschwisterstreit eine Chance für deine Kinder, zu lernen, wie sie mit Herausforderungen umgehen und starke, gesunde Beziehungen aufbauen können.